Über 100km pro Woche - Einblicke ins Training von Frederic Georges (Fred)

Name: Frederic Georges
Alter: 45
Verein: PSB 24 Berlin
Läufer seit: 2000
10 km Bestzeit: 35:17
Halbmarathon Bestzeit: 1:21:20
Marathon: 3:05 h
Längste gelaufene Strecke: Marathon
Weitere Sportarten: Fahrrad, Schwimmen, Yoga


(Verein) Lieber Fred, du bist einer der wenigen Läufer in "Nord Berlin Runners" die es schaffen Woche für Woche an die 100km zu laufen. So einen Umfang hast du ja sicher nicht immer zurückgelegt in deinem Leben. Wie sah der Start deiner "Läuferkarriere" aus? Da standen doch bestimmt ein paar Kilometer weniger auf dem Plan, oder?

(Fred) Nein, es stimmt. Ich habe wirklich erst nach und nach den Spaß entdeckt, den ein langer Lauf mit sich bringt. Früher bin ich gerne in Vogesen gewandert oder auch mal Fahrrad gefahren. Auf diesem Weg konnte ich meinen Kopf von der Alltagsmüdigkeit befreien. Das ist auch heute mein Antrieb, wenn ich meine langen Läufe mache. Gesundheit, Freiheit und Natur!
Am Anfang war mein Training ganz anders. Wenige Kilometer, stur auf Schnelligkeit trainiert und lediglich auf die 10km Distanz konzentriert. Oft habe ich dabei über die Grenze meines Körpers trainiert. Zu schnell, kaum Erholungsläufe. Mein Sport war sehr eng mit Schmerzen verbunden. Ich war fest davon überzeugt, dass ein Marathonlauf nichts für mich ist und befürchte nach langen Läufen regelmäßig tagelang Muskelkater zu haben.
Doch mit meinen langen und langsamen Läufen kann ich tatsächlich vieles verbinden. Ich bin viel schneller wieder fit und auch über die 10km bin ich nicht langsamer geworden.


(V) Ab welchem Moment hast du dein Training so umgestaltet? Was war der Auslöser? Oder wer hat dich dazu inspiriert?

(F)Ich glaube das war der Moment als der Wettkampfkalender (Berlin Cup, Volksläufe, BBM) erstmals leer war. Dadurch hatte ich Zeit in meiner normalen Woche. Früher haben mich die längeren Läufe eher genervt, da ich ja wie beschrieben immer schnell und intensiv trainieren wollte.
Ohne den zeitlichen Druck, hatte ich mir dann vorgenommen lange Läufe in mein Training zu integrieren um mein Durchhaltevermögen zu verbessern.
Nach und nach habe ich entdeckt, wie viel Spaß ich dabei hatte. Es war tatsächlich nicht so langweilige wie ich dachte und auch die 100km, die du schon angesprochen hattest, konnte ich so einfacher erreichen. Heute ist es wie ein Befreiungsgefühl. 100-140km die Woche und mein Körper fragt stetig nach mehr. Ich bin begeistert, dass es einigen Mitgliedern bei Nord Berlin Runners genauso geht wie mir und mit welcher Leichtigkeit sie täglich 20-30km laufen gehen.



(V) Das klingt nach viel Genuss und Spaß. Hast du weiterhin Ziele die dich antreiben, oder läufst du inzwischen „nur noch“ weil es dir gut tut?

(F) Doch na klar. Ich möchte das erste Mal einen Marathon unter 3 Stunden laufen und den Rennsteig Etappenlauf laufen im Frühling. Ich laufe sehr gerne Crossläufe und werde außerdem bei der Sägerserie des SCTF wieder angreifen.



(V) Das sind attraktive Ziele. Dafür braucht es sicher einen Trainingsplan. Was ist dir am wichtigsten in deinem Training und worauf achtest du besonders?

(F) Da sind natürlich mehrere Bausteine die einen großen Einfluss in meinem Training haben. Zum Einen langsames Laufen! Mindestens 80% meiner Trainingszeit, findet bei unter 85% meiner maximalen Herzfrequenz statt, meistens sogar unter 75%. Hier lege ich meine aerobe Grundlage und probiere dadurch meine anaerobe Schwelle nach oben zu verschieben. Dadurch probiere ich meine Geschwindigkeit zu erhöhen, ohne zu ermüden. Das funktioniert bisher sehr gut, erfordert aber einiges an Zeit und Geduld und ergibt natürlich einige Kilometer in der Woche (mindestens 80km). Das schaffe ich momentan auch nur weil ich die Zeit habe 2x täglich laufen zu gehen. Ab und zu setze ich aber auch mal zum Sprint an während eines Dauerlaufs. Der Körper darf sich aus meiner Sicht nicht zu sehr daran gewöhnen langsam zu sein. Zusätzlich mache ich Athletiktraining und Yoga 3x die Woche um meine unterstützende Muskulatur zu stabilisieren und zu dehnen.


(V) Was geschieht in den anderen 20% deines Trainings?

(F) 1x pro Woche mach ich, je nach Formzustand, Schnelligkeitstraining. Diese gehen meistens 6-8km und hier variiere ich. Intervalle, Pyramidenläufe, Fahrtspiel oder Crisscross. Oft auf der Bahn und in Begleitung weil es sehr kraftfordernd ist. Hier liegt der Puls bei 90% und mehr meiner maximalen Herzfrequenz. Wenn ich mich auf Wettkämpfe gezielt vorbereite plane ich einen Tempolauf pro Woche mehr ein. Der liegt dann meist bei 85-90% der max.HF



(V) Das klingt nach einem strikten Plan aber auch viel Abwechslung..?

(F) Ja ich versuche insgesamt viel Abwechslung in mein Training einzuplanen, um den Trainingseffekt zu erhöhen und dem Körper immer wieder unterschiedliche, auch unbekannte Trainingsreize zu setzen. Gewohnheit macht mich langsam, ich werde dadurch faul und auch die mentale Fitness leidet. Sei es mal eine Bergchallenge, eine unbekannte Strecke, ein neues Ausdauerspiel oder das Sportabzeichen. Alle neuen Idee, die wir teilweise auch bei „Nord Berlin Runners“ auf dem Schirm haben helfen, um mein Training effektiver zu gestalten.


(V) Du sprichst die Community an. Hilft dir das gemeinsame und vernetzte Sporttreiben auch in deiner Leistungsentwicklung?

(F) Die soziale Komponente ist enorm wichtig für mich. Mit Begleitung bin ich fast immer schneller. Da hilft auch mal ein virtueller Anreiz. Gleichzeitig ist es sehr wichtig für mich, dass das Training in mein Familien- und Berufsleben gut integriert ist. Ich vermeide daher Wettkämpfe die falsch im Kalender liegen und versuche meine Formspitze dann im Jahr zu haben, wenn es auch terminlich passt. Im Herbst zum Beispiel habe ich am meisten Zeit zu trainieren und plane es daher intensiver. Das eignet sich dann wunderbar für Marathonläufe und Crossläufe, wie zum Beispiel die Sägerserie, die liebe ich.


(V) Das klingt nach viel Training. Wann machst du denn mal Pause?

(F) Auch meine Regenration plane ich fest ein. Mal 1 Tag, aber in bestimmten Phasen auch mal bis zu 21 Tagen. Zeit für Pausen ist immer da. Ob es eine Familienfeier ist, Urlaub, Krankheit oder nach großen Wettkämpfen. Manchmal verlangt der Körper aber auch spontan Ruhe und da probiere ich auch drauf zu hören. Generell plane ich immer eine ruhige Woche im Monat. Und 3 Wochen im Jahr sind sogar komplett ohne laufen. Der Leistungsgewinn dadurch ist enorm, auch wenn es mir schwer fällt gleich von „0“ wieder anzufangen.


(V) Eine gelungene Regeneration ist ja auch oft von der richtigen Ernährung abhängig. Worauf achtest du hier?

(F) Ernährung ist natürlich auch eine Sache, die mich immer wieder beschäftigt. Es ist wichtig, dass hier jeder seine eigenen Erfahrungen sammelt. Mir persönlich fällt es schwer genug natürliches Eiweiß im Alltag zu essen. Ich versuche ständig Gemüse zu essen. Gerne roh, aber auch mal gekocht. Gerne als Salat und die Nudeln auch mal weglassen. Gemüse ist man sowieso nie genug, aber dafür zu viel Kohlenhydrate. Ich esse keine Riegel außer bei einem sehr langen Lauf und vermeide Süßigkeiten.
Ich trinke jeden Morgen direkt ein Glas Wasser nach dem Aufstehen. Das hilft mir auch mich daran zu erinnern genug tagsüber zu trinken. Nach großer Belastung nehme ich zusätzlich 1g Natron zu mir. 1g wirkt wie Wunder gegen die Übersäuerung des Körpers. Das alles hilft Tag für Tag. Für den Rest hilft die Leidenschaft.


(V) Leidenschaft ist ein gutes Stichwort. Hinter jeder sportlichen Leistung steht auch theoretisches Fachwissen. Ganz egal ob man es sich selbst erarbeitet hat oder von anderen Personen lernt. Welche Bücher, Kanäle oder Vorträge haben dich am meisten bewegt? Vielleicht ist auch der ein oder andere fachliche Tipp für „Nord Berlin Runners“ dabei.

(F) Ich habe immer am meisten von meinem Trainer und meiner Trainingsgruppe gelernt. Jeder Sportler hat eigene Ziele, einen individuellen Charakter und Art und Weise zu trainieren. Trainer und Trainingspartner, die ich schon lange kenne, können dies berücksichtigen und mir wertvolle Tipps geben. Es ist wichtig jedes einzelne Training zu diskutieren und wenn nötig anzupassen.
Auf meinem Weg habe ich natürlich viele Trainingsmethoden verstehen und ausprobieren wollen. In den Medien gibt es eine Vielzahl an Vorschlägen. Wichtige Details des Trainings werden aber oft missachtet oder werden sogar verschwiegen. Möglichst schnell soll es gehen mit maximalem Erfolg. Dadurch setzt man sich oft viel zu vielen Reizen aus. Die Folge war dann manchmal eine Übermüdung oder Verletzung. Zum Schluss wundert man sich über die verlorenen Wochen, die nichts an Fortschritt gebracht haben. Peter Greif hatte zum Beispiel vor 20 Jahren ein Marathontraining entwickelt, dem ich unbedingt folgen wollte. 1× die Woche Intervall, 1× die Woche Tempo Training (10 bis 15km) und 1× 35km mit Endbeschleunigung. Insgesamt 100km die Woche. Ich habe tatsächlich nie 8 Wochen am Stück durchgehalten. 3-mal musste ich verletzungsbedingt den Marathon auslassen. Zum Glück haben mich lauferfahrene Freunde darauf aufmerksam gemacht, es wäre falsch gewesen, meine 10km Zeit (35 min) für mein Training zu berücksichtigen. Ich war in meinem bisherigen Trainingsverlauf immer auf die 10km – Strecke fokussiert. Die Umstellung auf die Marathondistanz bräuchte viel mehr Zeit für meinen Körper. Und sie hatten Recht. Ich hatte viel zu früh, viel zu ambitioniert trainiert. Später konnte mich mein Trainer endlich überzeugen mein Training „aerober“ zu gestalten und nicht ständig an die Belastungsgrenze meines Körpers zu gehen. Wir Sportler müssen von unserem Training überzeugt sein. Eine erfahrene Trainingsgruppe und ein guter Trainer können extrem wertvolle Weggefährten sein, um unsere Ziele zu erreichen. Sie machen uns auf unsere schwersten Fehler aufmerksam.



(V) Erfahrene Trainer, interessante Lauftreffangebote + ein gemeinsames Konditionstraining können wir auch in unserem Sportverein „SC Tegeler Forst“ anbieten. Zum Ende des Jahres werden wir einige interessante Angebote im Verein vorstellen. Du konntest bereits erste Erfahrungen bei einigen Lauf-Events des SCTF sammeln. Wie bewertest du die Angebote rund um „Nord Berlin Runners“? Hast du noch offene Wünsche?

(F) Die Angebote sind sehr gut und sinnvoll auf den Laufsport angepasst. Ich nehme schon seit Jahren an Lauf-Events hier im Norden teil zu meiner vollen Zufriedenheit. Ich denke, viele Hobby-läufer werden eure kompetenten Angebote annehmen. Gerne auch im Freien. Hier ist Raum für alternatives Training, Lauf-ABC oder Athletik Training. Aber jetzt wird es wieder frischer, man spürt schon, dass es etwas ruhiger wird.


Vielen lieben Dank Fred, für dieses interessante Interview! Wir wünschen dir weiterhin alles Gute und viel Erfolg bei der Umsetzung deiner sportlichen Ziele!

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Frederic Georges