Ein neuer Anfang

Erstellt von Bernd Steger | |   TF

Unser Vereinsmitglied Bernd Steger berichtet über seinen Wiedereinstieg in den Sport.

2015 war es so weit, ab in den wohl verdienten Ruhestand. Endlich genügend Zeit, um intensiv zu Laufen und das Umland mit dem Fahrrad zu erkunden. Doch alles kam anders .
Ein heftiger Bandscheibenvorfall mit Lähmungserscheinungen, OP und anschließender Reha hatte mich hart getroffen. Nichts war mehr wie vorher, und sportlich fiel ich in ein tiefes Loch. Meine Rennmaschine und mein Speed Bike wurden verkauft, da ich darauf nicht mehr sitzen konnte.

Meine Frau versuchte mich mit Nordic Walking zu locken. Aber als alter Marathonläufer und Triathlet war es unter meiner Würde, mit Stöcker durch den Wald zu laufen. Ab und zu tat ich es ihr zuliebe und hoffte, dass ich keinen treffen würde, der mich aus alten Sportzeiten kannte. So vergingen die Jahre und ich musste feststellen, dass mein neues Hobby- das Kochen- dazu beitrug, dass mein Körper immer mehr an muskelloser Masse zunahm. Meine Hosen und Hemden wurden immer enger und jede Kleideranprobe wurde zur Qual.

Anfang Januar 2019 hatte ich dann endlich begriffen, dass es Zeit wurde, etwas zu ändern. Ich erstellte mir einen Ernährungsplan, wusste aber auch, ohne Sport würde es nicht funktionieren.

Mir fiel ein, dass ja noch die Nordic Walking Stöcker im Keller standen. Also ab in den Wald damit, und erstaunlicher Weise dauerte es nicht lange, bis ich richtig Spaß an der Sache fand. Nach 14 Tagen hatte ich bereits sechs Kilo abgenommen, was mich derart anspornte, dass ich wöchentlich 40-50 Kilometer walkte.

Nach 12 Wochen konsequenter Einhaltung meines Ernährungsplanes und der wöchentlichen Trainingseinheiten, hatte ich mein Gewicht um 16 Kilo reduziert.

Als alter Wettkampfsportler hatte ich zwischenzeitlich in Erfahrung gebracht, dass viele Sportvereine im Rahmen ihrer Laufveranstaltungen auch Nordic Walking Wettkämpfe anboten. Also meldete ich mich für den Frohnaulauf 2019 an. Bestens trainiert und 16 Wasserflaschen leichter ging ich an den Start und kam auf der 5,27 km Strecke als erster Mann ins Ziel. Es war ein bewegender Augenblick für mich, als ich nach vielen Jahren wieder eine Medaille umgehängt bekam. Da war es wieder, was ich so lange vermisst hatte. Der Geruch von Schweiß und die glücklichen Gesichter der ins Ziel kommenden Sportler.

Der Zufall wollte es, dass ich auf dem Wege nachhause einen Flyer vom SC Tegeler Forst mitnahm. Und da fand ich das, wonach ich in den Wochen zuvor gesucht hatte. Eine Nordic Walking Gruppe, die zweimal die Woche auf meiner Hausstrecke trainierte. Also in der Geschäftsstelle angerufen und am nächsten Tag stand ich einsatzbereit und ein bisschen aufgeregt am Waldspielplatz in der Schulzendorfer Straße.

Erstaunt über die hohe Anzahl der Teilnehmer, drehte ich meine erste Runde unter Leitung von Irene. Nach zwei weiteren Einheiten ließ ich mir ein Aufnahmeformular geben und wurde Mitglied des SC Tegeler Forst.

Als Einzelkämpfer musste ich mich erst einmal an die vielen Menschen gewöhnen, mit denen ich nun gemeinsam durch den Wald walkte. Aber es dauerte nicht lange, bis ich mich in der Gruppe integriert fühlte und mit alten Recken über vergangene Zeiten plaudern konnte. Und als Hobbykoch kann man noch eine Menge über die Zubereitung einer Weihnachtsgans lernen.

Obwohl unser Leistungsvermögen unterschiedlich ist, versteht es Irene meisterhaft, die Strecken so vorzugeben, dass jeder auf seine Kosten kommt.

Für 2020 sollten die Lausitzer Nordic Walking Serie und natürlich der Frohnaulauf die Highlights werden.  Stolz in meinen Vereinsfarben wollte ich es noch einmal so richtig krachen lassen.

Und wieder kam alles anders. Anfang März fuhr ich wie jedes Jahr mit meiner Frau nach Dänemark, um kräftig die Stöcker zu schwingen. Zu dieser Zeit gab es in Deutschland 400 registrierte Corona-Fälle. In dem angemieteten Sommerhaus verfolgte ich täglich mit Grausen die stetig steigenden Fallzahlen. Am 14.03.2020 wurde die deutsch-dänische Grenze   geschlossen, und ich wollte nur noch nach Hause.

Mir wurde klar, dass es in diesem Jahr wahrscheinlich keine Sportveranstaltungen geben werde. Ich dachte an die Wettkämpfe, bei denen ich mich bereits angemeldet und die Startgebühren bezahlt hatte. Wie werden sich die Vereine verhalten?

Als ich so richtig enttäuscht und niedergeschlagen war, erhielt ich ein E-Mail vom SC Tegeler Forst. Ich bekam die Möglichkeit, so wie alle anderen gemeldeten Sportler, am 1. Virtuellen Frohnaulauf teilzunehmen.

Das war es, worauf ich gewertet hatte. Nicht nur auf höhere Gewalt verweisen, sondern sich etwas einfallen lassen, wovon alle etwas haben. Das ist eben der SC Tegeler Forst. Ich kann nur sagen, danke.

Und so haben meine Frau, meine Tochter und ich die Gunst der Stunde genutzt und am 1. Virtuellen Nordic Walking Lauf teilgenommen. Natürlich ist ein normaler Wettkampf etwas anderes, doch in dieser ungewissen Zeit bin ich zufrieden, überhaupt noch Sport treiben zu können. Und auf die Medaille freue ich mich besonders.

Lasst uns alle die Abstands- und Hygienevorschriften einhalten, damit wir vielleicht Ende 2020 wieder gemeinsam walken können.

Mit sportlichen Grüßen

Bernd Steger

(Der Nordpfeil aus Lübars)

 

 

Zurück
Bernd Steger